Protest gegen Einleitung von Fukushima-radioaktivem Abwasser ins Meer

Sayonara Nukes Berlin und Yosomono-net haben gemeinsam ein Protestschreiben veröffentlicht gegen das Vorhaben der japanischen Regierung, radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer abzuleiten.

 

Fukushima/Japan: Radioaktiv verseuchtes Wasser in den Pazifik?

Japan will im Sommer 2023 beginnen, gefiltertes, aber noch radioaktiv verseuchtes Wasser aus dem havarierten Kernkraftwerk Fukushima Daiichi verdünnt ins Meer zu entsorgen.

Was war in „Fukushima“?

Im AKW Fukushima Daiichi war es am 11. März 2011 infolge eines schweren Erdbebens und eines Tsunamis zu einem Super-GAU mit Wasserstoffexplosionen und Kernschmelzen gekommen. In deren Folge wurden große Mengen an radioaktivem Material freigesetzt – sie kontaminierten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel in der land- und meerseitigen Umgebung – auch heute noch.

Mehr als 12 Jahre danach gilt der damals ausgerufene nukleare Notfall weiter mit über 20.000 offiziell als Evakuierte gemeldeten. Für die Einwohner inklusive Kinder, Jugendliche und Schwangere gilt der Strahlengrenzwert von 20 Millisievert pro Jahr: der gleiche Wert wie für AKW-Mitarbeiter und 20-mal höher als gesetzlich festgelegt.

Was soll ins Meer „abgeleitet“ werden?

Die havarierten Reaktoren müssen weiter mit Wasser gekühlt werden, obwohl keine geschlossenen Kühlkreisläufe mehr existieren. Durch einsickerndes Regen- und Grundwasser nimmt die Menge verstrahlten Wassers täglich zu, inzwischen sind das mehr als 1,3 Millionen Tonnen. Dieses Wasser will Japan gefiltert und verdünnt ins Meer ableiten.

Argumente der japanischen Regierung

Das Wasser mit Radionukliden werde mit dem Filtersystem ALPS „bis zur Unbedenklichkeitsgrenze“ aufbereitet. Hauptsächlich bliebe nur das Isotop Tritium, das sich nicht herausfiltern lässt. Alle Atomkraftwerke der Welt geben routinemäßig Tritium-haltiges Wasser ab. Alle enthaltenen Radionuklide würden so weit aufbereitet, dass sie unter dem jeweiligen Grenzwert lägen, und vor der Einleitung ins Meer würde das Wasser stark verdünnt. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat alles abgesegnet. Laut Tepco gehe der Platz bald aus für Lagerung auf dem Gelände.

Welche Probleme und Risiken das Vorhaben birgt

Das in Fukushima Daiichi gelagerte Wasser ist radioaktiver Müll in flüssiger Form, das über geschmolzene Brennelemente geflossen ist und nicht zu vergleichen mit Tritium-haltigem Wasser aus AKWs im Normalbetrieb. Die Filteranlage ALPS kann dem Wasser nicht alle Radionuklide entziehen. Es wird suggeriert, Tritium, ein Isotop von Wasserstoff, wäre das einzige Radionuklid, das nach der Aufbereitung übrigbleibt. Tatsächlich sind aber auch Cäsium 134/137, Strontium 90, Kobalt 60, Kohlenstoff 14 oder Jod 129 u.a. enthalten.

Die Auswirkung von Tritium auf das Ökosystem und die Nahrungskette ist aber viel zu wenig untersucht, und die wenigen vorhandenen Untersuchungsergebnisse sind kaum berücksichtigt. Ab welcher Menge darf etwas als „unbedenklich“ bewertet werden, von wem? Für die Freisetzung von radioaktiven Stoffen in die Umwelt hat Japan für jedes Radionuklid den Grenzwert der Aktivitätskonzentration bestimmt, der der Konzentration jenes Radionuklids entsprechen soll, mit der die durchschnittliche Dosisleistung von 1 Millisievert pro Jahr erreicht würde, wenn man 70 Jahre lang täglich 2 Liter von diesem Wasser einnähme. Das heißt, die Abschätzungen der Langzeitfolgen werden nicht berücksichtigt. Darüber, wie einzelne Radionuklide sich im Meerwasser verhalten, in der Nahrungskette angereichert werden und was für Schäden sie anrichten könnten, wird bisher viel zu wenig geforscht. Auch wenn die Konzentration verdünnt würde, würde Tritium insgesamt in Höhe von 22 Billion Becquerel pro Jahr ins Meer abgeleitet. Egal ob verdünnt oder verstreut: Die Menge bleibt gleich.

Die Halbwertszeit von Tritium: 12 Jahre, Strontium 90: 28,8 Jahre, Kohlenstoff 14: 5730 Jahre, Jod 129: 15,7 Millionen Jahre.

Grundsätze der Vorsorge und Vorbeugung

Unter dem Gesichtspunkt des Strahlenschutzes muss das Wasser in Fukushima Daiichi weiterhin in Tanks streng kontrolliert aufbewahrt bleiben.  Es gelten bei Zweifel die Grundsätze der Vorsorge und Vorbeugung!

Grund zur Sorge bereitet schon die Zunahme der mit Cäsium 134/137 verseuchten Fische, die in den benachbarten Häfen gefangen werden ohne die Verklappung des kontaminierten Wassers. Im Juni 2023 wurde bei Sebastes schlegelii (Fisch aus der Familie der Stachelköpfe) sogar eine hohe Belastung von 18.000 Becquerel per Kilo gemessen. Möglicherweise findet noch immer unkontrolliertes Sickern von verseuchtem Wasser statt. Ohne dies gründlich zu untersuchen und zu bekämpfen, wäre es unverantwortlich, belastetes Wasser ins Meer abzuleiten.

„Mentale Dekontaminierung“ und „Rufschädigung“

Anstatt die Bevölkerung vor weiteren Gefahren durch Strahlen zu schützen, verbreitet die japanische Regierung lieber ein Märchen: Ein bisschen Radioaktivität sei unbedenklich, vielmehr sei Angst das Übel des Problems. Nicht etwa genauere gesundheitliche Untersuchungen und Messungen von radioaktiver Kontamination, sondern eine Reihe von Kampagnen „mentale Dekontaminierung“, soll das bekämpfen, in denen manipulative Werbungen im großen Stil mit einseitigen Schlussfolgerungen von Pro-Atom-Wissenschaftlern wiederholt werden. Die berechtigte Furcht der Menschen wird als Panik vor Strahlung abgetan und als „Rufschädigungen“ verteufelt, die der Wirtschaft und dem Wiederaufbau schaden würden.

IAEA für die Förderung der Atomenergie

Die Aufgabe der IAEA, 1957 unter dem Namen „Atoms for Peace“ für Förderung der Nutzung der Atomenergie gegründet, ist kein „Strahlenschutz“. Sie gibt Regeln vor, bis zu welchem Maße Strahlenrisiken als „vernachlässigbar“ gelten sollen. Bei ihrem Urteil wurden mögliche Langzeitauswirkungen auf das Meeresökosystem nicht berücksichtigt. Warum sollte ihr Abschlussbericht als Genehmigung verstanden werden?

Aus den Augen, aus dem Sinn?

Zurecht protestieren Nachbarländer und die südpazifischen Inselstaaten gegen das Vorhaben von Japan. Auch UN-Experten äußern ihre Besorgnis über die möglichen Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Sollte mit der Verklappung einmal begonnen werden, würde es als Präzedenzfall dienen für die zukünftige Meeresentsorgung verseuchten Wassers. Denn tatsächlich will Japan über mehr als drei Jahrzehnte das Meer, das mit allen anderen Meeren der Welt verbunden ist, noch mehr belasten, das ohnehin bereits stark unter verschiedenen Umwelteinflüssen leidet. Das Meer ist kein Müllentsorgungsort. Es ist unverantwortlich, die Kontamination noch mehr auszubreiten, anstatt sie möglichst abzugrenzen. Aber Tepco und die japanische Regierung wollen offensichtliche Unfallfolgen wie zahlreiche Wassertanks lieber unsichtbar machen, indem sie das Wasser ins Meer entsorgen. Das dürfen wir niemals akzeptieren!

Deshalb fordern wir:

  • Keine Einleitung von radioaktivem Wasser ins Meer, egal ob in Fukushima oder anderswo!
  • Aufbau von Kontroll- und Forschungssystemen weltweit für alle Atomanlagen durch unabhängige Organisationen für Monitoring und Analyse der Ökosystemveränderungen und Gesundheitsauswirkungen
  • Transparente Kommunikation und Veröffentlichung von Forschungs- und Monitoringergebnissen

Für weitere Sprache sehen Sie bitte  https://yosomono-net.jimdofree.com/

Quellen:

http://oshidori-makoken.com/

https://www.meti.go.jp/earthquake/nuclear/decommissioning/committee/fukushimahyougikai/2021/23/shiryou_04_2.pdf

https://www.pref.fukushima.lg.jp/site/portal-de/de04-02.html

https://www.ohchr.org/en/press-releases/2021/04/japan-un-experts-say-deeply-disappointed-decision-discharge-fukushima-water

https://www.iaea.org/sites/default/files/iaea_comprehensive_alps_report.pdf

Comic “Fukushima 3.11” vom Damien Vidal und Kurumi Sugita jetzt auf Deutsch verfügbar

 

Comic “Fukushima 3.11″ finden Sie hier ↓

Fukushima-3.11_deutsch_web_

 

Der Comic “Fukushima 3.11” wurde anhand der Zeugenaussage von Suguru Yokota realisiert, die im Rahmen des Forschungsprojekts “DILEM” des CNRS gesammelt worden war.Frau Kurumi Sugita hat das Interview durchgeführt und es zusammengefasst, während der Comiczeichner Herr Damien Vidal die Geschichte als Comic verarbeitet. Zuerst wurden diese Seiten  in der Nr. 15 der Zeitschrift TOPO (Januar/Februar 2019) erschienen.

Dieser Comic wird von dem Verein “Nos Voisins Lointains 3.11” frei zur Verfügung gestellt, der Kooperationen mit Opfern des Atomunfalls in Fukushima Daiichi unterstützt. Es ist für alle zugänglich, jedoch bleibt das Urheberrecht selbstverständlich bei den Autoren (Frau Kurumi Sugita und Herrn Damien Vidal). Wer diese Seiten also irgendwo erwähnen/veröffentlichen/verbreiten will, soll bitte zuerst die Autoren kontaktieren durch “Nos Voisins Lointains 3.11” unter:https://nosvoisinslointains311.home.blog/

Übersetzung aus dem Franzosischem: Yu Kajikawa (Sayonara Nukes Berlin)

An alle auf der Welt (Botschaft von Frau Ruiko Muto)

2022 war das Jahr, in dem wir uns wegen des Ukrainekrieges erneut die Befürchtung ins Gedächtnis rufen mussten, dass der Gebrauch von Atomwaffen wieder möglich geworden ist. Und auch, dass Atomkraftwerke im Fall eines Angriffs zu einer Art Nuklearwaffen werden könnten.

Im August 2022 machte der japanische Premier Kishida neue Energiestrategierichtlinien bekannt. Darunter fällt die Wiederaufnahme des Betriebs bestehender Kernkraftwerke, der Bau von neuen Reaktoren sowie das Ersetzen alter AKW durch neue.  Am 10. Februar dieses Jahres wurden diese neuen Richtlinien als Teil der sogenannten „Grünen Transformation“ (GX) festgelegt, ohne dass zuvor darüber in der Öffentlichkeit ausreichend diskutiert worden war: Die Frist für eine Stellungnahme zu diesen Fragen war viel zu kurz, und insgesamt waren landesweit nur zehn Termine für öffentliche Informationssitzungen und Treffen für Meinungsaustausch anberaumt worden. Doch noch bevor diese Termine alle wahrgenommen werden konnten, hatte die Regierung den Kabinettbeschluss bereits rigoros durchgesetzt, um den Weg zur Rückkehr zur Atomenergie zu ebnen. Wir sind darüber mehr denn je sehr empört.

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima ist dabei keineswegs vorbei. Vielmehr gibt es noch immer mehrere Sperrzonen in sieben Dörfern und Gemeinden, und noch immer können mehrere zehntausende Evakuierte nicht in die Heimat zurück. 12 Jahre nach dem Super-GAU will die japanische Regierung wieder voll auf Atomenergie setzen und sich von den Entscheidungen verabschieden, die damals als Lehre aus dem Unfall getroffen worden waren, nämlich: Die Abhängigkeit von der Atomenergie zu reduzieren, die Laufzeiten von AKWs prinzipiell auf 40 Jahre zu begrenzen und die Atomaufsicht und die Förderung der Atomenergie voneinander zu trennen. Diese Annullierung der damaligen Entscheidungen wird das Risiko eines nächsten Atomunfalls erheblich steigern. Wir fühlen uns verpflichtet, diese ungeheure Politik zu verhindern.

Ähnliche Beobachtungen über den Kurswechsel machen wir auch in Gerichtsverhandlungen. Die Sammelklage von Geflüchteten aus Fukushima zur Verantwortung des Japanischen Staates war in drei von insgesamt ersten vier Instanzen positiv beschieden worden. Im Juni 2022 hat der Oberste Gerichtshof jedoch erneut ein Urteil gefällt, in dem die Verantwortung des Staates abgelehnt wurde. Die Klage wurde abgewiesen.

Ähnlich lief es im Strafprozess gegen die ehemaligen Tepco-CEOs: sie wurden in der zweiten Instanz im Januar dieses Jahres alle freigesprochen. Die Begründung: die Beweislage sei nicht eindeutig. Dabei fanden keine Vor-Ort-Untersuchungen statt, und alle Anträge auf Zeugenvernehmungen waren abgelehnt worden.

Auch in anderen Gerichtsverhandlungen muss man leider feststellen: Weder ausreichende Untersuchungen statt noch Verhandlungen, die diese Reihe von Gerichtsurteilen rechtfertigen würden. Es bestätigt sich somit der Eindruck, dass die Justiz unter dem Einfluss der Politik der Regierung steht.

Gegen das Urteil im Tepco-Strafprozess ist nun bereits Berufung eingelegt worden beim Obersten Gerichtshof. Wir müssen entschlossen weiter an die Öffentlichkeit appellieren, sich gegen das letzte Urteil einzusetzen und das, was darin falsch lief, damit über entscheidende Punkte im Obersten Gerichtshof neu und ernst verhandelt wird.

Außerdem will die japanische Regierung im Frühling bis Sommer dieses Jahres ihr Vorhaben durchsetzen, kontaminiertes Wasser aus dem AKW Fukushima Daiichi verdünnt ins Meer einzuleiten. Dieses Wasser ist zwar durch die Filteranlage ALPS gefiltert, es ist aber noch immer stark radioaktiv verseucht. Sollte mit der Verklappung begonnen werden, würde diese über mehrere Jahrzehnte fortgesetzt.

Letztes Jahr haben wir mit Menschen aus dem asiatisch-pazifischen Raum ein internationales Forum „Verseucht die Meere nicht mit radioaktiven Stoffen“ veranstaltet. Denn überall dort, wohin dieses kontaminierte Wasser fließt, werden die Menschenrechte jener Bevölkerungen verletzt, die am und vom Meer leben. Und es wird in diesen Regionen das Leben all jener Lebewesen zerstört, die im Meer zu Hause sind. International wird diese Stimme stärker.

Wenn Japan nun absichtlich noch mehr radioaktives Wasser von Fukushima ins Meer ablassen würde, nachdem bereits eine enorme Menge an radioaktiven Stoffen während und nach der Katastrophe in die Atmosphäre und in das Meer gelangt war, würde es uns das Herz noch mehr zerreißen. Wir dürfen es auf keinen Fall zulassen. Deshalb wollen wir Menschen dazu aufrufen, am 13. April überall Aktionen gegen den Plan zu organisieren, denn genau an dem Tag letzten Jahres war der Plan im Kabinett beschlossen worden. Lasst uns gemeinsam durch verschiedene Aktionen diese Untat stoppen.

Die Welt scheint zwar gerade immer düsterer zu werden, aber wir dürfen uns nicht erlauben aufzugeben, denn wir müssen dafür sorgen, dass es ein wenig Licht der Hoffnung in der Welt gibt, die wir den nächsten Generationen hinterlassen.

zum 11. März 2023 in Fukushima,

Muto Ruiko

Sprecherin der Klägergruppe gegen TEPCO

http://hidanren.blogspot.com
http://kokuso-fukusimagenpatu.blogspot.com/p/blog-page_5112.html

(Übersetzung aus dem Japanischen: Sayonara Nukes Berlin)

 

Für die Übersetzungen in weitere Sprachen besuchen Sie:

https://yosomono-net.jimdofree.com/german/

 

Kazaguruma-Demo zum 12. Jahrestag von Fukushima: Keine strahlende Gefahr mehr – weder von AKW noch von Atombomben

Kazaguruma-Demo zum 12. Jahrestag von Fukushima: Keine strahlende Gefahr mehr – weder von AKW noch von Atombomben

 

Wer hätte gedacht, dass der deutsche Atomausstieg kurz vor der vollständigen Abschaltung der restlichen Meiler verschoben werden würde, ausgerechnet von der Regierung, an der die Grünen beteiligt sind! Plötzlich wird überall Stimmung gemacht, als wäre der Weiterbetrieb von AKW die Lösung der Energiekrise. Dabei zeigt vor allem die Atommacht Frankreich – wo zuletzt über die Hälfte der AKW stillstanden – deutlich, dass auf Atomenergie kein Verlass ist. In der Debatte wird zudem seltsamerweise gern vergessen, welches Sicherheitsrisiko von Atomkraftwerken ausgeht und warum der Atomausstieg hierzulande nach Fukushima beschlossen worden war.

 

Bis Mitte April 2023 sollen alle drei deutschen AKW im Streckbetrieb laufen. Während die Befürworter behaupten, mit der Atomenergie wäre man energieunabhängig, blenden sie gern die Tatsache aus, dass EU-Staaten Uran aus Russland für die Brennstäbe weiterverarbeiten. Die Atomlobby hat erreicht, dass der Atomsektor von Sanktionen der EU verschont wird.
Der russische Angriff auf die Ukraine hat überdeutlich gezeigt, dass die atomare Drohung immer hochaktuell war. Viele Menschen, die sich bisher zur Abrüstung bekannt haben, betonen plötzlich die Wichtigkeit der nuklearen Teilhabe, der Abschreckung.
Im Ukraine-Krieg wurde auch klar: Atomkraftwerke werden in Kriegen Angriffsziele. Das größte AKW Europas Saporischschja war immer wieder unter Beschuss und wird oft von Notfall-Dieselgeneratoren betrieben. Sollte die Stromversorgung unterbrochen werden, besteht die Gefahr eines neuen Unfalls wie in Fukushima.

 

Kettenreaktionen und radioaktive Strahlen kennen keine Grenzen zwischen Freunden und Feinden. Sie machen auch keinen Unterschied, ob die gleiche Technologie militärisch oder zivil verwendet wird. Die einzige sichere und klimagerechte Lösung heißt, so schnell und konsequent wie möglich grüne Energie in der ganzen Welt auszubauen.

 

Deshalb fordern wir gemeinsam:
– Keine weiteren AKW-Laufzeitverlängerungen in Deutschland
– einen weltweiten Ausstieg aus der unverantwortlichen Atomenergie
– sofortige Stilllegung der Atomanlagen in Lingen und Gronau
– keine Einstufung der Atomenergie als nachhaltige Energieerzeugung/Streichung von Nuklear aus der EU-Taxonomie
– EURATOM-Vertrag kündigen
– Keine Einleitung von radioaktivem Wasser ins Meer, egal ob in Fukushima oder anderswo!

 

 

Veranstalter:
NaturFreunde Berlin
Green Planet Energy
Sayonara Nukes Berlin

 

Kooperierende Gruppen:
AK Rote Beete (Linke Regionalgruppe)
AntiAtom Berlin
BürgerInitiative Lüchow-Dannenberg
BUND
BUND Jugend Berlin
Friedensglocken
Greenpeace Berlin
IPPNW Germany
Japanese Against Nuclear UK
Korea Verband
Rote Beete
Strahlentelex

 

  

広島・長崎原爆投下記念日の式典にSNB代表が演説

Rede für die Gedenkveranstaltung für die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 06. August 2022 (Yu/Sayonara Nukes Berlin)

Letztes Jahr trat der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft, auch wenn Deutschland und Japan ihn nicht unterzeichnet haben, und Ende dieses Jahres sollen die letzten Atomreaktoren in Deutschland endlich vom Netz gehen.

Wer hat gedacht, 77 Jahre nachdem die ersten und bisher die einzigen Atombomben im Krieg eingesetzt und über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen waren, dass diese Hoffnungsschimmer so leicht zunichte gemacht werden können?

Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine wurde die atomare Drohung wieder hochaktuell, viele Menschen, die sich bisher zur Abrüstung bekannt haben, betonen plötzlich die Wichtigkeit der nuklearen Teilhabe, der Abschreckung. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist es außerdem zur Energiekrise in Europa gekommen, da wir noch immer nicht nur vom russischen Gas, sondern auch von fossiler Energie viel zu sehr abhängig sind. Rasch werden die Stimmen lauter, die die Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen deutschen Meiler über das Ende des Jahres hinaus fordern, obwohl die aktuelle Gaskrise nicht direkt eine Stromknappheit bedeutet. Die EU will sogar die Atomenergie als nachhaltig einstufen und ihr neben dem Erdgas ein grünes Etikett namens Taxonomie verleihen. Wir sind auf diese Weise bis Sommer dieses Jahres bereits mit diesen äußerst schlechten Nachrichten bombardiert worden.

Seitdem die ersten Atombomben im Krieg eingesetzt worden waren, haben sich die Menschen überall auf der Welt mit Kernwaffen aufgerüstet. Anfang 2021 besaßen neun Länder schätzungsweise 13.080 Nuklearwaffen, davon waren 3.825 einsatzbereit. Die größte Atommacht, Russland, verfügte über 6.255 Atomsprengköpfe, während die USA über 5.550 nukleare Sprengköpfe besaßen. Das sind die Zahlen, die schwer nachvollziehbar sind, wie es dazu kommen konnte, dass so viele Teufelszeug da sind, womit die Menschheit mehrfach vernichtet werden könnte.

Aber das ist nicht alles. Viele Menschen glauben sogar leichtsinnig, diesen „Fluch der Technik“ beherrschen und angeblich zum friedlichen Zweck verwenden zu können. Ende 2021 zählte man 436 Reaktoren in 33 Ländern. Aber haben wir im Februar dieses Jahres nicht mitbekommen, dass die Atomkraftwerke in militärischen Operationen sogar Ziel des Angriffs werden können? Das war damals vor 77 Jahren noch nicht der Fall. Die Atomruine Tschernobyl war Ende Februar in russische Hände gefallen, und das größte AKW Europas Saporischschja wurde ebenfalls beschossen. Was hätte da passieren können, und was könnte noch passieren?

Die Atomreaktoren müssen nicht einmal dabei direkt angegriffen werden, um eine ernsthafte Bedrohung darzustellen, es würde reichen, wenn die Stromversorgung für diese Anlagen unterbrochen würde, das ist nämlich genau das, was in Fukushima 2011 passiert ist. Außerdem haben wir nicht nur den Krieg in Europa, sondern auch die globale Klimakrise mit unberechenbaren Extremwetterereignissen. Die Atommacht Frankreich, die stolz darauf ist, in der Energiefrage weitgehend unabhängig von Russland zu sein und ca. 80% des Strombedarfs mit Atomenergie zu decken, hatte aber nicht daran gedacht, dass ihre Flüsse, die zur Kühlung der Atomreaktoren notwendig sind, in der Klimaveränderung austrocknen könnten oder das Flusswasser zu warm sein könnte.

Wir wissen, dass die Atomwaffen und die Atomenergie zwei Seiten einer Medaille sind. Die Welt ist leider dicht gesät von Atomwaffen UND von Atomreaktoren, die jederzeit wegen Naturkatastrophen, militärischen Konflikten, Fehlbarkeiten der Menschen, technischem Versagen oder Terrorangriffen explodieren könnten. Und Kettenreaktionen und radioaktive Strahlen kennen keine Grenzen zwischen Freunden und Feinden, machen auch keinen Unterschied, ob die gleiche Technologie für militärische oder zivile Nutzung verwendet wird. Dass, seit die ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki vor 77 Jahren abgeworfen wurden, noch keine weitere Atombombe in kriegerischer Auseinandersetzung gezündet worden ist, ist keine Garantie dafür, dass die nächsten Jahre sicher sein werden. Wir hatten bereits Tschernobyl, Three Mile Island und Fukushima erlebt. Solange es Atomreaktoren gibt, stellen sie eine Bedrohung für uns alle dar, genauso wie jede einzelne Atombombe, die irgendwo stationiert ist. Was soll daran so schwierig sein zu verstehen, dass wir lieber die Finger davon lassen sollten?

北海道・寿都町の最終処分場反対グループへのゴアレーベン市民グループからの連帯メッセージ

Solidaritätsbekundung von der BI Lüchow-Dannenberg für die Widerstandsgruppe in Suttsu, Hokkaidô

Zwei kleine Gemeinden in Hokkaido haben sich um den Standort des Enlagers beworben – d.h. zugestimmt, dass Untersuchungen und Verträglichkeitsprüfungen dort stattfinden – im Alleingang des Gemeinderates. Als “Belohnung” für diese freiwillige Kandidatur und für die Untersuchung sollen diese Gemeinden viel Geld bekommen. Dabei ist diese Region, sagen viele Geologen, ungeeignet für so ein Tiefenlager, dort soll man verschiedene Erdschichten beobachten können, die durch von großem Erdbeben ausgelöste Stöße oder durch Verschiebungen gezeichnet seien.

Die Einwohner dort, die mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sind, tun sich allmählich zusammen, um gegen dieses Vorhaben zu protestieren, die Bewegung ist aber noch sehr klein und vor allem sehr jung. In der Gemeinde Suttsu gibt es eine Gruppe, die nun eine Internet-Präsenz hat (auch wenn nur auf Japanisch: http://kakugomi.no.coocan.jp/index.html), aber in der anderen Gemeine Kamoenai gibt es leider noch nicht eine feste Gruppierung des Widerstands.

Genauso wie die Standorte für die bisherigen AKWs gefunden worden waren trotz großen Sicherheitsbedenken und negativ ausfallenden statischen/geologischen oder sonstigen wissenschaftlichen Untersuchungen, will die japanische Regierung hier auch diese Kriterien in einem geschlossenen Gremium entscheiden, ohne dass Bürger an der Entscheidung teilnehmen können. Und mit der Landkarte, die dieses Gremium veröffentlicht hat, auf der sehr viele Gegende als “tauglich” markiert sind und die viele Wissenschaftler als unseriös und unwissenschaftlich bezeichnen, will die Regierung einzelne Gemeinden dazu bewegen, sich zu kandidieren – damit Untersuchungen und Tauglichkeitsprüfungen stattfinden können – und dafür soll jede kandidierende Gemeinde schon sehr viel Geld bekommen.

Allein dieses undemokratische Verfahren und Vorgehenswese, die die Seele der Menschen in einer dünn besiedelten, wirtschaftlich ärmeren Region mit Geld zu kaufen, ist inakzeptabel.

Die eine Frau der Widerstandsgruppe vor Ort, mit der ich nun in Kontakt bin, klagt, dass die Lage gerade äußerst schwierig ist, da so eine kleine Gemeinde seit diesem Entschluss des Gemeinderates komplett gespalten sei. Der Staat versucht, viele Menschen mit großzügigen Geschenken an sich zu binden, und viele werden leider durch diese große Macht des Geldes ausgeblendet, dabei ist diese Gemeinde einst nicht nur ein friedliches Fischerdorf gewesen, sondern auch bis vor kurzem eine ökologisch ausgerichtete Kommune mit vielen Windrädern gewesen. Aber dadurch, dass die Stromtrassen in den Händen von großen Elektrizitätsgesellschaften sind, die AKWs betreiben, können sie die Abnahme des Ökostroms verweigern und auch wegen der eingeführten Umlage ist der Preis des Ökostroms gesunken, so war die Gemeinde anscheinend in finanzielle Not geraten. So wollte der Bürgermeister nun das Dorf “retten”, in dem er sich um den Standort für das Endlager kandidiert, um so vom Staat viel Geld zu bekommen. Das ist die grobe Zusammenfassung der Geschichte.

Es ist eine nun bekannte Tatsache, dass wir für diesen so viel gedankenlos entstandenen gefährlichen, strahlenden Müll eine Lösung finden müssen, um ihn möglichst “sicher” zu lagern. Dieses schlimme Erbe dürften wir nicht den nächsten Generationen einfach so weiter geben wie bisher geschehen. Aber es geht gleichzeitig darum zu definieren, was eine “gute” Lösung ist und wie die Kriterien festgelegt werden sollen, wonach diese Lösung bzw. der Standtort gefunden werden soll. In dieser “wackeligen” Inselgruppe wie Japan mit vielen aktiven Vulkanen und Tsunamigefahren sollte man eigentlich damit die Diskussion beginnen, ob ein Tiefenlager dort überhaupt vertretbar ist, was meiner Meinung gar nicht ist.

Nun hat die Widerstandsgruppe aus Bure, Frankreich, die vehement gegen den Bauplan des Endlagers Frankreichs, eine Solidaritätsbekundung nach Suttsu gesendet (siehe: https://nosvoisinslointains311.home.blog/2022/10/07/message-de-soutien-aux-habitant-e-s-de-suttsu-depuis-bure/

So war ich darauf gekommen, dass es gut wäre, auch eine ähnliche Botschaft auch aus Deutschland käme. Daraufhin habe ich die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (Gorleben) und die Gruppen aus Asse (Atommüllreport und die Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD) kontaktiert. Sie wollen gern eine Solidaritätsbotschaft senden, und bereits habe ich eine von der BI Lüchow-Dannenberg erhalten, worüber die Gruppe in Suttsu sich sehr freut. Hier diese Botschaft:

Liebe Menschen in Suttsu,

wir Menschen aus dem Widerstand gegen den Standort Gorleben als Atommülllager senden euch herzliche solidarische Grüße. Wir wünschen euch sehr, dass es euch gelingt, die Suche nach einem Atommüllager allein nach geowissenschaftlichen Kriterien zu gestalten. Wir wissen wie schwer das ist und doch ist es der richtige Weg. Wir wünschen euch Zuversicht, Mut und Ausdauer auf diesem Weg. Wir hoffen, dass ihr viele Menschen davon überzeugen könnt, dass die Gemeindegelder für ein Atomülllager die Lebensgrundlage der Menschen in der Gemeinde verchlechtert.

Vielleicht seid ihr jetzt so etwas wie die Rufer in einer Wüste, aber euer Mut, eure Weitsicht und Fürsorge für die nachfolgenden Generationen ist wichtig und richtig. Im gemeinsamen Eintreten für eine Welt ohne Atomkraft und Atomwaffen.

grüßen wir euch ganz herzlich

die BI Lüchow-Dannenberg, die Fukushima Mahnwache Dannenberg und sicherlich alle Menschen guten Willens auf dieser Welt.

https://www.bi-luechow-dannenberg.de/

 

 

2022年3月5日かざぐるまデモの報告

©Christoph Eckelt / Green Planet Energy eG

Auch dieses Jahr haben wir unsere Demo zum Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima in Berlin erfolgreich abhalten können –  mitten im Schatten des Krieges in der Ukraine. Kurz nach dem Beginn der russischen Invasion hat uns die Meldung erreicht, dass Tschernobyl besetzt sei. Und am Tag vor unsere Demo, am 4. März, wurde das größte AKW Europas Saporischschja beschossen und es gab einen Brand. Beinah hätte sich noch eine Atomkatastrophe – und zwar wieder in der Ukraine – ereignet. Putin braucht keine Atomwaffen, um uns zu drohen, es würde ihm reichen, um Europa unbewohnbar zu machen, auf eines von den zahlreichen Atomkraftwerken in der Ukraine angreifen und zerstören zu lassen, oder einfach die Stromversorgung dort kappen zu lassen. Die atomare Gefahr ist im 21. Jahrhundert wieder so akut und konkret geworden, wir sind alle fassungslos.  Wie konnte es so weit kommen?

Yu Kajikawa und Hitoshi Yamauchi von Sayonara Nukes Berlin

Was uns noch fassungsloser macht, ist die Reaktion der Politik, der Wirtschaft und der Bevölkerung in Deutschland darauf, die laut fordert, nachdem kein Gas mehr aus Russland zu erwarten ist, dass die letzten Atommeiler doch länger laufen sollen. Und die Bundesregierung hat sogar verkündet, mit einem gewaltigen Sondervermögen von 100 Milliarden Euro die Bundeswehr auszustatten und künftig mehr als 2% des Bruttoinlandsprodukts der Nato auszugeben. Diese gigantische Summe bräuchte man aber viel dringender für die Beschleunigung der Energiewende, damit Deutschland und die Welt baldmöglichst CO-neutral werden und vor allem unabhängig (nicht nur von Russland). Ursprünglich wollten wir auf der diesjährigen Demo vor allem die Themen wie die EU-Taxonomie und die geplante Verklappung von radioaktivem Wasser ins Meer hervorheben, aber der Schwerpunkt musste sich der akuten Lage entsprechend verlagern.

Fridays for Future Berlin/ Johanna Buchmann ©T.Kajimura
BUND Jugend Berlin/Jonathan ©T.Kajimura

Wir haben dieses Jahr junge, energische Redner gewinnen können: Eine Aktivistin von Fridays for Future Berlin und ein Aktivist von BUND Jugend Berlin haben beide sehr stark und überzeugend in ihren Reden argumentiert, dass die junge Generation ganz und gar nicht damit einverstanden ist, dass sie die Folgen der Misswirtschaft der bisherigen Umwelt-, Energie- und Sicherheitspolitik mittragen muss, für die sie gar keine Mitsprache gehabt hat.

©Christoph Eckelt/Green Planet Energy

Insgesamt haben sich ca. 150 Menschen am Brandenburger Tor versammelt und sind durch die Stadt gegangen. Es wird weiterhin wichtig bleiben, den Atomausstieg weltweit zu fordern, und zwar sowohl in ziviler als auch in militärischer Hinsicht, und wir werden damit nicht aufhören, bis die letzte Atomanlage geschlossen und die letzte Atomwaffe vernichtet ist.

Hier die Texte der Redner:

Yû Kajikawa (Sayonara Nukes Berlin):Rede_05032022_SNB_YuKajikawa.de

Hitoshi Yamauchi (Sayonara Nukes Berlin):Rede_05032022_SNB_HitoshiYamauchi.de

Maximilian Weiß (Green Planet Energy):Rede_05032022_GreenPlanetEnergy.de

Yujin Jung (Korea Verband):Redebeitrag_05032022_KoreaVerband_de

Johanna Buchmann (Fridays for Future):Rede_05032022_FridaysforFutureBerlin.de

Jonathan Deisler (BUND Jugend Berlin):Rede_05032022_GreenPlanetEnergy.de

Botschaft von Frau Ruiko Muto zum 11. Jahrestag von Fukushima. 
Message from Ruiko Muto on the 11th anniversary of Fukushima Nuclear Accident.
日本語:https://yosomono-net.jimdofree.com/
English:https://yosomono-net.jimdofree.com/english/
Français:https://yosomono-net.jimdofree.com/french/
Deutsch:https://yosomono-net.jimdofree.com/german/
Español:https://yosomono-net.jimdofree.com/spanish/
Català:https://yosomono-net.jimdofree.com/catalan/
Italiano:https://yosomono-net.jimdofree.com/italian/
Nederlands:https://yosomono-net.jimdofree.com/dutch/

かざぐるまデモ2022年 -原子力は私たちの気候を救えない!

Kazaguruma-Demo zum 11. Jahrestag von FUKUSHIMA
-Atomkraft rettet NICHT unser Klima!

 

Sa. 05.03.2022 ab um 12:00 Uhr
Treffpunkt: Brandenburger Tor (Pariser Platz) Berlin

 

Wir sind sehr besorgt. In letzter Zeit wird in nicht wenigen Ländern der EU behauptet, dass Atomkraft als Mittel gegen den Klimawandel dienen könnte, obwohl entschieden wurde, aus Atom und Kohle gewonnene Energie durch erneuerbare Energie zu ersetzen.
In mehr als 10 Staaten der EU haben die Regierungen angekündigt, die Atomenergie ihrer Länder auszubauen. Auch die neue japanische Regierung hat die Absicht bekanntgegeben, die Entwicklung und den Bau von kleinen Atomkraftwerken (SMR) voranzutreiben. Dies können wir nicht hinnehmen.

 

Wir können vor der täglichen Umweltverschmutzung, die der Normalbetrieb der AKW verursacht, nicht die Augen schließen. Dazu kommt das Problem der Beseitigung der Unmengen von Atommüll. Immer noch ist das Problem der Endlagerung von Atommüll nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ungelöst. Wir dürfen nicht die Behauptung akzeptieren, dass die Atomenergie die Umwelt nicht belastet. Wenn ein AKW havariert, entstehen irreparable, unvorstellbar große Schäden an Umwelt, Tieren und Menschen. Haben wir nicht von Tschernobyl und Fukushima gelernt?

 

Im April letzten Jahres, 10 Jahre nach dem Unglück von Fukushima, hat die japanische Regierung den Plan genehmigt, radioaktiv verseuchtes Wasser, das seit der Havarie Fukushima-Daiichi gelagert ist, in den Pazifik abzuleiten. Dieses Wasser, von dem die Betreiberfirma Tepco behauptet, es von allen radioaktiven Elementen gereinigt zu haben, enthält immer noch vor allem Tritium und verseucht die Umwelt. Diese Ableitung findet aber bis jetzt noch nicht statt, wegen des starken Widerstandes der Bevölkerung und der Fischer sowie der internationalen Gemeinschaft.
Gemeinsam fordern wir ein Ende der Atomenergie. Wir wollen eine atomfreie Zukunft aufbauen: Atomkraft rettet NICHT unser Klima.

 

Gemeinsam fordern wir:

• einen weltweiten Ausstieg aus der unverantwortlichen Atomenergie
• sofortige Stilllegung der Atomanlagen in Lingen und Gronau
• keine Einstufung der Atomenergie als nachhaltige Energieerzeugung
• EURATOM-Vertrag kündigen
• Keine Einleitung von radioaktivem Wasser ins Meer!

 

 

Kooperierende Gruppen:
AK Rote Beete (Linke Regionalgruppe)
BUND Jugend Berlin
Coop AntiWar Cafe
Fridays for Future Berlin
IPPNW Germany
Japanese Against Nuclear UK
Korea Verband
Greenpeace Berlin

Flyer:Kazaguruma-Demo-2022-flyer_final

 

 

福島原発のトリチウム、何が問題か 河田昌東(2021年4月12日)

Warum jetzt Tritium?

Im April diesen Jahres (2021) erteilte die japanische Regierung dem Energiekonzern TEPCO, Betreiber des havarierten Atomkraftwerkes Fukushima Daiichi, die Erlaubnis, künftig radioaktiv kontaminiertes Wasser in den Pazifik ablassen zu dürfen. Mehr als eine Million Tonnen solchen Wassers lagern bereits in über 1000 Tanks, und täglich kommen etwa 140 Tonnen hinzu – vor allem, weil der geschmolzene Brennstoff in drei explodierten Reaktoren nach wie vor gekühlt werden muss. Zwar wird dieses Wasser behandelt und von Cäsium 137 oder Strontium-90 bereinigt, nicht aber vom Tritium, einem Wasserstoff-Isotop, das auch als “weicher Beta-Strahler” gilt.

Die Entscheidung sorgt seither nicht nur in Japan selbst, sondern auch in den Anrainerstaaten – besonders in Südkorea und China – für heftigen Protest. Aber auch unter Experten wird gestritten: Während die einen beschwichtigen, Tritium sein in geringen Mengen nicht gefährlich und die von TEPCO beabsichtigte Verdünnung des tritiumhaltigen Wassers vor der Einleitung ins Meer entspreche internationalen Standards, warnen die Gegner vor dieser Maßnahme. „Das Wasser in den Ozean zu leiten, stellt ein unverantwortliches ökologisches und gesundheitliches Risiko dar. Selbst wenn die Filtersysteme irgendwann so arbeiten sollten, wie TEPCO behauptet, enthält das verseuchte Wasser immer noch das gesundheitsgefährdende Tritium“, äußert sich etwa Dr. Alex Rosen, Kinderarzt und Vorstandsmitglied der Organisation “Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges” (IPPNW /
https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/ippnw-mahnt-vor-verklappung-von-radi.html ). Ähnlich argumentiert auch der Autor des folgenden Artikels, der Molekularbiologe Masaharu Kawata, zugleich ein Umweltaktivist, der u.a. die “Association to Help Chernobyl” mitbegründet hat.


Tritium in Fukushima — was ist das Problem?

Masaharu Kawata (12. April 2021)

(ins Deutsche übersetzt von Steffi Richter)

Nach wie vor tritt aus dem AKW Fukushima Daiichi radioaktiv kontaminiertes Wassers aus, und es scheint, als ließe sich dieses Problem auch künftig nicht so leicht lösen. Das liegt vor allem am Tritium. Noch heute, zehn Jahre nach dem Unfall, werden immer noch täglich 140 Tonnen Kühlwasser in die Reaktorkerne gepumpt, um den geschmolzenen Brennstoff zu kühlen, und das Wasser ist immer noch kontaminiert. Angaben von TEPCO zufolge wurden zwischen Mai 2011 und Juli 2013 etwa 20 bis 40 Billionen (20 bis 40 x 1012) Becquerel (Bq) Tritium freigesetzt. Dabei seien das unmittelbar nach dem Unfall abgeflossene hochgradig kontaminierte Wasser und das Tritium im von TEPCO vorsätzlich abgelassenen kontaminierten Wasser nicht mit berücksichtigt worden. Hinzu komme, dass zwar Cäsium und andere im kontaminierten Wasser enthaltene radioaktive Elemente mit dem ALPS-Verfahren (Advanced Radionuclide Processing System) entfernt werden können, Tritium aber sich mit diesem System nicht herausfiltern lasse. Daher würden bereits 1,2 Millionen Tonnen mit ALPS behandeltes, aber tritiumhaltiges Wasser in 1.200 Tanks lagern, doch gebe es nun nicht mehr genügend Platz auf dem Gelände, und die Stilllegungsarbeiten würden behindert. TEPCO, die Atomaufsichtsbehörde und selbst die IAEO bestehen darauf, das Wasser mit Meerwasser zu verdünnen und es abzulassen, und die Regierung beschloss am 13. April 2021, das tritiumhaltige Wasser künftig ins Meer zu leiten, dabei die Stimmen der Bevölkerung der Präfektur von Fukushima, der Fischereiverbände und des ganzen Landes ignorierend.

Worin also besteht das Problem, das tritiumhaltige Wasser ins Meer abzulassen?

 

(1) Was ist Tritium?

Tritium (chem. Zeichen T, „dreifach schwerer Wasserstoff“) hat die gleichen chemischen Eigenschaften wie Wasserstoff (H). Wasserstoff ist das kleinste stabile Element mit einem Proton (P) und einem Elektron (e) in seinem Kern. Tritium enthält in seinem Kern außer einem Proton noch zwei Neutronen (1P2N) und ist instabil, so dass eines der Neutronen ein Elektron abgibt, das sich in ein Proton verwandelt; es stabilisiert sich dann zu einem neuen Element (Helium He) mit zwei Protonen und einem Neutron in seinem Kern (2P1N). Die dabei emittierten Elektronen sind Beta-Strahlung. Die Halbwertszeit von Tritium beträgt 12,3 Jahre. Im Reaktor entsteht Tritium dadurch, dass Neutronen in den Deuteriumkern (D) von in kleinsten Mengen im Kühlwasser (H₂O) enthaltenem schwerem Wasser (H-O-D) aufgenommen werden, oder auch durch Auflösen eines als unreines Lithium-6 bezeichneten Materials. Solange also die Reaktoren gekühlt werden, wird auch weiterhin neues Tritium produziert. Andererseits gibt es Tritium auch in der uns umgebenden Lebenswelt. Aufgrund der einstigen Atomtests und der kosmischen Strahlung ist im Wasser auf der Erde Tritium in einer Größenordnung von 1-2 Bq/L enthalten.

 

(2) Warum kann Tritium nicht entfernt werden?

Der Regierung, TEPCO oder auch der Atomaufsichtsbehörde zufolge kann tritiumhaltiges Wasser nicht behandelt werden und muss daher ins Meer abgelassen werden. Warum kann es nicht behandelt werden? Weil es die gleichen chemischen Eigenschaften wie Wasserstoff besitzt, und Tritium (T) enthaltendes Wasser (T-O-H) von gewöhnlichem Wasser (H-O-H) nicht unterschieden werden kann. Das Entfernen vieler radioaktiver Stoffe wie Cäsium-137 und Strontium-90 erfolgt durch Adsorption oder Filtration unter Ausnutzung der chemischen Eigenschaften des jeweiligen Elements. Diese chemischen Methoden können jedoch nicht zwischen normalem Wasser und tritiumhaltigem Wasser unterscheiden und es daher auch nicht beseitigen. Daher werden in mit Siedewasserreaktoren betriebenen AKW jährlich 20 Billionen Bq (20 x 1012) Tritium produziert, was fast dem Normwert von 22 Billionen Bq (22 x 1012) entspricht, der pro Jahr ins Meer abgelassen werden darf (bei einer Konzentration von 60000 Bq/L). Nebenbei bemerkt: Würde die Wiederaufbereitungsanlage Rokkasho in der Präfektur Aomori normal in Betrieb genommen werden, so ist eine jährliche Abgabe von 1.9 Billiarden Bq (1,9 x 1015) in die Luft und von 18 Billiarden Bq (1,8 x 1016) ins Meer vorgesehen. Praktisch existiert keinerlei Normwert für die Freisetzung von Tritium, es handelt sich um ein nachträgliches Anerkennen dessen, was real geschieht, also beim Betreiben eines AKW notwendigerweise entsteht. Auch das ist einer der Gründe, warum keine Atomkraftwerke betrieben werden sollten.

 

  • Was ist problematisch an Tritium?

Wie gewöhnliches Wasser, so gelangt auch Tritium enthaltendes Wasser oral, über die Atmung und über die Haut in den Körper. Und auch im Körperinneren ist es – wie normales Wasser – über das Blut an verschiedenen Stoffwechselreaktionen in den Zellen beteiligt und dringt anstelle von Wasserstoff in Eiweißstoffe und Gene (DNA) als deren Bestandteil ein. Ist es im Körper als Wasser vorhanden, wird es von neu eindringendem Wasser substituiert und ausgeschieden (biologische Halbwertszeit: 12 Tage). Das als Bestandteil eines solchen intrazellulären Organismus aufgenommene Tritium aber lässt sich nicht so leicht verstoffwechseln und verbleibt so lange, bis seine Moleküle zu Wasser abgebaut worden sind (der Strahlenbiologin Rosalie Bertell zufolge länger als 15 Jahre) und sendet fortwährend Beta-Strahlen aus (1). Junge Zellen, die sich schnell teilen, nehmen mehr Tritium als ihre Komponenten auf. Das in die organische Substanz des Körpers eingebundene Tritium wird als OBT (Organic Bound Tritium) bezeichnet und ist von der Radioaktivität etwa des Cäsiums zu unterscheiden, das einfach als ein Element im Körper strahlt, allerdings wird dieser Punkt von der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) unterschätzt. Die Energie der von Tritium emittierten Beta-Strahlen ist sehr gering, so dass eine äußere Exposition kaum ein Problem darstellt. Werden sie aber in körperinnere Komponenten aufgenommen, so verursachen alle Beta-Strahlen eine innere Verstrahlung.

 

(4) Das Problem des in die DNA eingebauten Tritiums

Mittels tritiumhaltigem Wasser bindet Tritium sich an Sauerstoff-, Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphoratome in der DNA und verhält sich chemisch wie ein normales Wasserstoffatom. Doch setzt es mit seiner Halbwertszeit Elektronen (Beta-Strahlen) frei, sorgt in der Umgebung für innere Verstrahlung und zerstört verschiedene Moleküle. Aber nicht nur das. Zerfällt Tritium und wird zum Heliumatom, werden die chemischen Bindungen (kovalenten Bindungen) zwischen Tritium und den Kohlenstoff-, Sauerstoff-, Stickstoff- und Phosphoratomen getrennt. Denn Helium ist das stabilste unter allen Elementen, es kann mit keinem anderen Element eine Verbindung eingehen. Infolgedessen werden die Kohlenstoff-, Sauerstoff-, Stickstoff- und Phosphoratome, aus denen die DNA besteht, instabil, und es kommt zur Trennung der chemischen Verbindungen in der DNA. Tritium bewirkt also nicht nur eine Beta-Strahlen-Exposition bei seinem Zerfall, sondern führt auch zur Zerstörung von Molekülen, d.h. zu einem Zerfall der Elemente, aus denen sie bestehen, was sich von seiner Dimension her von Strahlen-Exposition durch gewöhnliche radioaktive Stoffe unterscheidet. Die so genannte Strahlen-Exposition ist ein stochastisches Phänomen, die Zerstörung der DNA hingegen ist ein mit dem Zerfall von Tritium unvermeidlich einhergehendes Phänomen (1).

 

  • Was bei Tritiumkontamination passiert

Seit Beginn der Atomtests in den 1950er Jahren werden zahlreiche Studien über die biologischen Auswirkungen von Tritium erhoben. Am bekanntesten sind Anomalien wie Abspaltungen in Chromosomen. Bei Experimenten mit Tritium ausgesetzten menschlichen Lymphozyten beginnen Chromosomenaberrationen bei 3700 Bq/ml, und bei 3,7 Millionen Bq/ml kommt es in fast allen Zellen zu Chromosom-Abspaltungen. Wird Tritium zur Substitution von Wasserstoff in Thymidin, einem Bestandteil der DNA, verwendet, so beginnen Chromosomenaberrationen bei etwa 37 Bq/ml, und bei einer Konzentration von 190.000 Bq/ml entwickeln 100% der Zellen Chromosomenaberrationen (2). Auch an lebendigen Körpern wurde zahlreich geforscht und nachgewiesen, dass Chromosomenaberrationen (Mutationen) zu gesundheitlichen Problemen wie tödlichem Krebs führen. Besonders problematisch sind Auswirkungen auf den Fötus im Mutterleib. Da die Plazenta Tritium nicht von normalem Wasser unterscheiden kann, gelangt tritiumhaltiges Wasser in den Fötus und wird von sich rasch teilenden Zellen aufgenommen. Das führt zu fötalen Anomalien wie Totgeburten, Frühgeburten, Fehlgeburten und verschiedenen anderen Geburtsfehlern. Einer Studie von T. Straume et al. (3) am Lawrence Livermore National Nuclear Laboratory in Kalifornien zufolge ist die Wahrscheinlichkeit einer Teratogenität durch Tritium sechsmal höher als die einer tödlichen Krebserkrankung. Der Ontariosee in Kanada ist bekanntermaßen durch große Mengen an Tritium aus den Kanada-spezifischen Schwerwasserreaktoren kontaminiert. Infolgedessen wurde in deren Umgebung zwischen 1978 und 1985 ein Anstieg von Geburtsfehlern und Fehlgeburten ebenso festgestellt wie ein 1,8-facher Anstieg des Down-Syndroms sowie Anomalien im fötalen zentralen Nervensystem (4).

 

So wird Tritium wegen seiner geringen Strahlungsenergie oft unterschätzt, doch stellt es nicht nur wegen seiner Beta-Strahlen-Exposition ein großes Problem dar, sondern auch wegen seiner biologischen Wirkungen, die sich von denen anderer radioaktiver Stoffe durch die Zerstörung biomolekularer Bestandteile deutlich unterscheiden. Die Freisetzung von Tritium ins Meer ist nicht nur ein Gerücht, wie die Regierung behauptet, sondern ein echtes Problem.

  • Literatur
  • Rosalie Bertell : The Health Effects of Tritium (http://www.beyondnuclear.org/)
  • Hori, Nakai: Review: On the genetic effects of low-level tritium: Health Physics (1976) vol.11, p1-11.
  • Straume, T. und Carsten, AL.: Tritium Radiobiology and Relative Biological Effectiveness, Health Physics, 65 (6) :657-672; (1993)
  • Tritium Releases from the Pickering Nuclear Generating Station and Birth Defects and Infant Mortality in Nearby Communities: Atomic Energy Control Board, Report INFO-0401 (1991)

フクシマ10周年、かざぐるまデモ2021の報告

Redebeiträge von Yu Kajikawa (Sayonara Nukes Berlin) und von Frau Yôko Tawada, Schriftstellerin, beide im Original:

 

Yu Kajikawa(©Sayonara Nukes Berlin)

Sayonara Nukes Berlin Demo-Rede zum 10. Jahrestag von Fukushima (06.03.2021)

 

Liebe Versammelte, schön, dass wir heute gemeinsam des 10. Jahrestags von Fukushima gedenken, denn wir haben alle die Pflicht, uns daran zu erinnern.

Habt ihr euch schon einmal konkret vorgestellt, wie es wäre, von heute auf morgen das Zuhause, die Arbeit oder die ganze Heimat zu verlieren? Und zwar nicht etwa, weil das Haus, die Stadt oder die Fabrik wegen Erdbeben oder Tsunami zerstört wären, sondern weil unsichtbare, radioaktive Strahlen gekommen und geblieben waren. Auf einmal mussten circa 170.000 Menschen ihre Heimat verlassen. Keiner wusste, ob und wann sie wieder nach Hause zurückkommen, den gewohnten Tätigkeiten im Alltag nachgehen, den Beruf ausüben oder mit vertrauten Freunden, Kollegen und Nachbarn wieder zusammen sein könnten, und ob sie überhaupt alles, woraus ihr bisheriges Leben bestanden hatte, wieder zusammenfinden könnten. Genau das war nach dem Unfall von Fukushima passiert. Dieser unvorstellbare Alptraum war für so viele Menschen plötzlich Realität.

Nach Tschernobyl mag man gedacht haben: So etwas war nur in der Sowjetunion möglich! Nach Fukushima habt ihr vielleicht gedacht: Zum Glück gibt es bei uns weder Erdbeben dieser Größe noch Tsunamis. Aber diese Zuversicht ist nur ein Wunschdenken, denn wie kann man so sicher sein? Wenn es kein Erdbeben und kein Tsunami gibt, kann es menschliches Versagen sein, veraltete Geräte oder verschlissene Bauteile könnten genauso verheerende Reaktorunfälle verursachen.

Anstatt die betroffenen Menschen zu unterstützen und sie vor weiteren Gefahren durch Strahlen zu schützen, verbreitet die japanische Regierung lieber ein Märchen, das lautet: Die Nuklearkatastrophe sei fast Geschichte. Sie wollen lieber die Angst der Bevölkerung bekämpfen, nicht etwa durch genauere gesundheitliche Untersuchungen oder korrekte Messungen von radioaktiver Kontamination von Böden, Gewässern und Luftraum, sondern durch eine Reihe von Kampagnen mit einer Bezeichnung, die mich im höchsten Maße empört, nämlich „mentale Dekontaminierung“. Sie sind nämlich der Meinung, dass nicht etwa die radioaktiven Strahlen, sondern die Verunsicherungen, Misstrauen und Zweifel der Bevölkerung, die sie zu Recht hat, die Seuche sind, weshalb es gelte, dekontaminiert zu werden. Dafür scheuen sie keine Kosten. Die Bevölkerung finanziert die eigene Gehirnwäsche mit ihren Steuergeldern. Die Behörden erteilen einer einflussreichen Werbeagentur lukrative Aufträge einen nach dem anderen, damit manipulative Werbungen im großen Stil produziert, irreführende Informationsveranstaltungen organisiert und pseudo-wissenschaftliche Schlussfolgerungen verbreitet werden, bei denen es darum geht: alles sei sicher, unbedenklich, kein Grund zur Sorge.

Während die Schäden der Atomkatastrophe auf diese Weise immer unsichtbarer gemacht, die Opfer im Stich gelassen, die für den Strahlenschutz geltenden Regelungen immer weiter gelockert werden und keiner für den Reaktorunfall zur Rechenschaft gezogen wird, wird der Wiederaufbau von Fukushima medienwirksam inszeniert ohne Rücksicht auf Verluste, sie scheuen nicht einmal davor zurück, die Olympischen Spiele Tokio zu diesem Zweck zu missbrauchen.

Egal wie die japanische Regierung und die Internationale Atomenergie Organisation die Auswirkungen und Folgen des Super-GAUs kleinreden, sprechen die Fakten für sich: Von Normalität in der betroffenen Region kann keine Rede sein. Brennelemente, die durch den Druckbehälter hindurchgeschmolzen sich unter den Reaktorruinen 1 bis 3 befinden, – schätzungsweise insgesamt ca. 900 Tonnen -, sind noch immer so hochradioaktiv, dass niemand sich nähern kann und keine präzise Untersuchung möglich ist. Tepco behauptet, 2021 mit dem Herausnehmen der Schmelze anzufangen, aber wie wollen sie das anstellen, ohne genau zu wissen, wo und in welchem Zustand sie sich befindet? Und wohin damit und mit welcher Methode? Das in über 1000 Tanks auf dem AKW-Gelände gelagerte, auch nach der Bearbeitung mit einem Filtersystem noch immer mit Tritium und anderen Radionukliden kontaminierte Wasser ist mittlerweile auf mehr als 1,2 Millionen Tonnen angewachsen. Die japanische Regierung will trotz heftiger Proteste erlauben, es ins Meer abzuleiten.

Es liegt in unserer Hand, uns konkret auszumalen, in was für einer Welt wir leben wollen. Lasst uns gemeinsam dafür einsetzen, den Lebensraum um uns humaner, freundlicher und demokratischer zu machen und die Welt von Gefahren der Atomenergie, von Nuklearwaffen und ihren strahlenden Hinterlassenschaften zu befreien. Und dafür haben wir noch sehr viel zu tun. Lasst uns davon leiten: NIE WIEDER Hiroshima, nie wieder Nagasaki und natürlich NIE WIEDER FUKUSHIMA!!

KazagurumaDemo2021_YuKajikawa_Original_de_pdf

かざぐるまデモ2021_梶川ゆう_和訳_pdf

Yoko Tawada (©Sayonara Nukes Berlin)

Zehn Jahre nach Fukushima. Yoko Tawada

 

Wie lang ist die Halbwertszeit von Cäsium? 30 Jahre? Wie lange braucht Plutonium, um sich zur Hälfte zu reduzieren? 24.000 Jahre? Das Uran braucht sogar 4,5 Milliarden Jahre. Ich kann diese Vorstellung nicht ertragen, schließe die Augen und sage aus Trotz, dass alles sowieso für immer verseucht sei. „Für immer“ heißt „eine Ewigkeit“. Die Vorstellung von Ewigkeit ist erträglicher als eine konkrete hohe Zahl, deshalb flüchte ich in die Ewigkeit, einen Zeitraum, für den niemand mehr verantwortlich ist. Dort muss ich nicht handeln, denn es ist sowieso zu spät. Ich erlaube mir einen Rückzug in die eigenen vier Wände. Ein privat versichertes Leben mit süßlicher Melancholie.

Wie wäre es aber, wenn ich den beängstigenden Zahlen direkt in die Augen sehen würde? Wenn ich die unbequemen Wörter wie Cäsium oder Plutonium in die Dichtung integrieren würde? Paul Celan, der vor ungefähr drei Monaten 100 Jahre alt geworden wäre, hat den Begriffen aus Medizin oder Chemie einen Zutritt in seine Dichtung erlaubt. Es geschah, während er sich mit den Katastrophen der menschlichen Zivilisation auseinandersetzte.

Wie lang ist die Halbwertszeit des Gedächtnisses?

Als der „Kern“ 2011 schmolz, waren wir alle tief erschüttert, bekamen abgründige Angst, es war nicht nur Angst vor Radioaktivität, sondern viel mehr. Was für ein Kern ist damals geschmolzen? Ein Vertrauenskern für die Kontinuität, ohne die man nicht jeden Tag seine Kraft in die Arbeit stecken, menschliche Beziehungen pflegen, oder ein Haus, eine Schule, ein Unternehmen aufbauen kann. Die Atom-Maschinerie kann zu jeder Zeit den Sinn des Lebens zerstören und somit verseucht sie uns stets innerlich – allein durch ihre Existenz.

Wie lang ist die Halbwertszeit meines Gedächtnisses? In einem menschenverlassenen Stadtteil in Fukushima sah ich zwei Jahre nach dem Super-GAU in einem kleinen Büro Zeitungen vom 11.3.2011 hochgestapelt, die nie ausgetragen worden waren. Sollten sie weitere 24.000 Jahre dort liegen, ungelesen und unbeachtet?

Man kann nicht mit Schreckensbildern im Kopf weiterleben. Um sie zu verdrängen, tütet man sie in schwarze Plastikbeutel ein oder schüttet sie heimlich ins Meer. Ist der Ozean eine Riesenwaschmaschine, die so viele tödlich vergiftete Schmutzwäsche reinigen kann? Auf keinen Fall. Das Weltmeer ist vergleichbar mit einem hochsensiblen Nervengeflecht, das sich im Laufe von 46 Milliarden Jahren seine heutige Form gewonnen hat. Das große Wasser quält sich, versucht ständig, das Gleichgewicht immer wieder neu herzustellen, aber die Geschwindigkeit der Vergiftung nimmt drastisch zu.

Keine Substanz verschwindet dadurch, dass wir sie totschweigen. Jede schädliche Botschaft, die einmal nach außen gesendet ist, bleibt in der Welt. Sie nimmt sehr langsam ab und die Geschwindigkeit der Abnahme verlangsamt sich, wie uns die Halbwertszeit zeigt. Wir werden immer wieder erneut von Spätfolgen der vergangenen Katastrophen überrascht sein. Damit haben wir schon genug zu tun. Wozu soll man weiter die Vernichtungsmaschinerie laufen lassen? Sie verspricht mehr Profit, bringt Glanz und Lust zum scheinbaren Wachstum und erzeugt zusätzliche Energie für Trost und Ablenkung, aber dafür verwandelt sie unser Leben in eine sinnlose Wartezeit, in der wir nichts anderes tun können, als den Rest der Halbwertszeit zu zählen. Wir stehen bereits in Schulden. Wir müssen das Vernichtungskraftwerk sofort stoppen.

KazagurumaDemo2021_YokoTawada_Original_de_pdf

かざぐるまデモ2021_多和田葉子演説_和訳_pdf


Pressebericht
Zehn Jahre nach Reaktorunglück in Fukushima Atomkraftgegner demonstrieren vor dem Brandenburger Tor: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/03/atomkraftgegner-demonstration-berlin-10-jahre-fukushima.html
Atomkraftgegner demonstrieren zehn Jahre nach Fukushima:
Protest am Brandenburger Tor: Erinnerung an Fukushima:

Fukushima: “Von Normalität kann keine Rede sein” https://www.dgs.de/news/en-detail/120321-fukushima-von-normalitaet-kann-keine-rede-sein/

ドイツで原発廃止訴えるデモ福島第一原発事故から10年を前にベルリンかざぐるまデモ | NHKニュース https://www3.nhk.or.jp/…/20210307/k10012901971000.html
ドイツ ベルリン で日本人ら反原発デモ 作家の多和田葉子さん「即時停止を」(共同通信)
#Yahooニュース
ベルリンで反原発デモ ノーベル賞候補作家・多和田葉子 さんが訴えたことは?:東京新聞 TOKYO Web https://www.tokyo-np.co.jp/article/90111
福島原発事故 からまもなく10年 ドイツ ベルリンで脱原発デモ|TBS NEWS https://news.tbs.co.jp/newseye/tbs_newseye4215899.html
————————————————-
Video Archiv

sayonara nukes berlin de blog